Ende November lud der Bioverband Erde & Saat zu einem öffentlichen Seminar unter dem Titel Die Zukunft ist Bio ein. Rund 50 TeilnehmerInnen waren bei den Vorträgen von Sigrid Stagl (Ökonomin), Claudia Zinner (Kommunikationsexpertin) und Roswitha Marold (Biodiversitätsbotschafterin) gespannt dabei.





Zu Beginn führte uns Sigrid Stagl in das Thema der planetaren Grenzen ein und zeigte auf, wie die Überschreitung ökologischer Belastungsgrenzen zu gesellschaftlichen Herausforderungen führt. Laut dem Planetary Health Check 2025 (Bildquelle: Planetary Health Check 2025 – A Scientific Assessment of the State of the Planet) sind inzwischen sieben von neun sogenannten planetaren Belastungsgrenzen überschritten. Im Bereich Biodiversität, Klimawandel, Landnutzung, Wasserkreislauf, Stickstoff- & Phosphorkreislauf, Eingriffe durch neuartige Stoffe, Ozeanversauerung befinden wir uns außerhalb des sicheren Rahmens. Doch es gibt Handlungsmöglichkeiten wie man an der Erholung des Ozonlochs sieht.

Im Idealfall aber verbinden wir Ökologie, Wirtschaft und Gesellschaft innerhalb der planetaren Grenzen. Denn eine intakte Natur ist die Basis für eine funktionierende Wirtschaft und Schäden an Ökosystemen wirken direkt auf Gesellschaft und Wirtschaft. Ziel muss eine klimaneutrale, grüne Transformation sein. Zwar verursacht auch dieser Weg Kosten, doch ein Weiter-so führt zu Dürren, Hitzewellen, Überschwemmungen und Bodenerosion – deutlich teurer für alle. Beispiele wie Flugreisen zeigen: Märkte bilden oft nicht die wahren Kosten ab. Flugreisen verursachen hohe gesellschaftliche Kosten, doch diese werden im Preis nicht abgebildet, weshalb sie günstiger sind als Zugfahrten. Märkte bestehen aus Regeln und diese müssen angepasst werden, um die echten Kosten und den Nutzen sichtbar zu machen.
Im Bereich Landwirtschaft zeigte Stagl, wie stark die EU-Agrarpolitik auch unser bäuerliches Wirtschaften beeinflusst. Aktuell fließen 38 % der Subventionen in die Tierhaltung, 44 % in die Tierfutter- und nur 18 % in Pflanzenprodukte. Dies zeigt deutlich eine Bevorteilung emissionsintensiver Tierproduktion. Bio-Landwirtschaft, Digitalisierung und eine Ernährungsumstellung hin zu 70 % pflanzlicher und 30 % tierischer Lebensmittel sind wichtige Ansätze, um innerhalb der planetaren Grenzen zu bleiben.
Viele Konsumentinnen und Konsumenten glauben, Bio sei teuer. Tatsächlich schaffen Bio-Produkte einen höheren Wert für Umwelt und Gesellschaft, der entsprechend vergütet werden muss. Um dies langfristig zu ermöglichen, sind Reformen der Subventionen und neue Marktmodelle, die echte Kosten und Nutzen abbilden, unumgänglich.
Dies griff auch Claudia Zinner (https://www.agrarkommunikation.at/) auf und erklärte anschließend, wie und wo Kommunikation wirkt und wie wir in der Landwirtschaft besser kommunizieren können. Die Ausgangslange ist klar, wir leben in einer Konsumgesellschaft, in einem Überfluss an Produkten, Lebensmitteln und Wissen. Zugleich sind wir als KonsumentInnen entscheidungsmüde, möchten Fehler vermeiden und entscheiden oft nicht aus rationalen Überlegungen heraus. Bei vielen Konsumentscheidungen spielt die Kostenwahrheit keine Rolle – es geht um die Bedeutung der Produkte. Ein Laib Brot kann 1–2 Euro oder 8 Euro kosten – je nachdem, welche Bedeutung diesem Laib Brot von den KonsumentInnen und ProduzentInnen zugeschrieben wird.
Besonders deutlich wird die Notwendigkeit guter Kommunikation in Anbetracht der Tatsache, dass der Beruf des Bauern selten geworden ist. Nur noch 3 % der Bevölkerung arbeiten in der Landwirtschaft. Diese Entfremdung der Gesellschaft und auch der Politik von der Landwirtschaft macht Kommunikation umso wichtiger. Zinner betont, jeder kann im eigenen Einflussbereich einen Beitrag leisten, ob mit eigenem Logo, der eigenen Homepage oder einem Social-Media Auftritt. Damit Anliegen in Politik, Gesellschaft und Medien ankommen, braucht es starke Geschichten und Menschen, die diese offen, ehrlich und authentisch erzählen. Klassische Alleinstellungsmerkmale reichen nicht mehr aus, heute ist Storytelling gefragt, um verständlich, einprägsam und emotional zu vermitteln, wie wir in der Landwirtschaft produzieren.
Dies zeigte uns dann Roswitha Marold – Praxisnah und authentisch präsentiert sie, wie sie ihre Botschaften und Geschichten über ihren Arbeitsplatz den Bio-Milchbetrieb Plankhof vermittelt. Gemeinsam mit ihrer Familie führt sie in Aigen im Ennstal einen 20 ha großen Grünland-Betrieb mit Schwerpunkt Bio-Milchviehhaltung und verkauft die Produkte – Rohmilch, Fleisch und Eier direkt im eigenen Hofladen.
Heuer wurde sie zudem im Projekt Farming for Nature Österreich als Biodiversitäts-Botschafterin ausgezeichnet. Gemeinsam mit der Familie setzt Roswitha in den letzten Jahren gezielte Maßnahmen zur Erhöhung der Biodiversität am Betrieb um. Es wurden Blühstreifen und Gewässer-Randstreifen angelegt und wieder Obstbäume in die Landschaft integriert. Extensive Wiesen werden bewusst später gemäht, sodass zum Beispiel der selten gewordene Wachtelkönig einen Lebensraum findet.
Mit vielen Aktionen und Projekten schafft Roswitha Marold Bewusstsein dafür, wie wichtig eine extensive Bewirtschaftung der Flächen ist und wie sie diese in die Produktion integrieren kann. Zudem ist sie Seminarbäuerin, Schule am Bauernhof und Green Care zertifiziert. Im Sommer bietet sie Bauernhofbesuche und Rundgänge an, bei denen die TeilnehmerInnen erleben können, wie Kreislaufwirtschaft funktioniert und welche Werte hinter einer nachhaltigen Landwirtschaft stehen. Zudem informiert sie über Soziale Netzwerke, betreibt einen WhatsApp Kanal für KundInnen und öffnet Ihre Stalltür auch gerne Journalisten. Sie bindet die Jungend ein, bietet jedes Jahr Praktikumsplätze an und freut sich Ihre Arbeits- und Lebensweise auch der nächsten Generation vorzuleben.
Wir danken allen herzlich fürs Dabeisein. Wie Sigrid Stagl sagt: „Das Richtige im falschen System zu tun, ist schwierig.“ Solange Strukturen intensive Bewirtschaftung begünstigen, ist nachhaltige Landwirtschaft schwer flächendeckend umzusetzen. Systemische Änderungen sind nötig, damit positive Effekte großflächig wirken. Erde & Saat setzt sich auch weiterhin engagiert für die Weiterentwicklung der biologischen Landwirtschaft ein.

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